Worum geht es in der Initiative Lieferkettengesetz?
... das Problem
Deutsche bzw. europäische Unternehmen beziehen Rohstoffe sowie verarbeitete und teilweise verarbeitete Produkte aus der ganzen Welt. Sie investieren in Produktions- und Vertriebsstätten im Ausland und exportieren ihre Güter in andere Weltregionen. Dabei sind Menschenrechtsverstöße in vielen Branchen keine Ausnahme: In der Herstellung unserer Kleidung etwa sind Brand- und Einsturzkatastrophen in Textilfabriken nur die Spitze des Eisbergs. Ausbeuterische Arbeitsbedingungen gehören hier zum Alltag. Auch für die Gewinnung von Rohstoffen für unsere Autos oder Elektrogeräte werden Lebensgrundlagen zerstört. Auf Kakao- und Palmölplantagen arbeiten Kinder unter schwersten Bedingungen. Ein weltweites Portal zu Wirtschaft und Menschenrechten registrierte seit 2005 280 öffentlich gewordene Menschenrechtsvorwürfe gegen deutsche Unternehmen.[1] [1] Blankenbach, Johannes/Wilks, Saskia (2019): Will Germany become a leader in the drive for corporate due diligence on human rights?, Meldung des Business and Human Rights Recource Centre vom 20.02.2019.
... die Forderung nach Verbindlichkeit
Viele Probleme sind seit langem bekannt. In den letzten 20 Jahren haben Unternehmen immer wieder beteuert, dass sie sich „freiwillig“ um ihre Lösung kümmern. Doch mittlerweile zeigt sich: Diese freiwilligen Ansätze führen zu kaum mehr als kosmetischen Korrekturen. Menschenrechtsverstöße sind Teil eines Systems, in dem Unternehmen unter hohem Wettbewerbs- und Preisdruck stehen, aber für die Auswirkungen ihrer Geschäftstätigkeit im Ausland keine Verantwortung tragen. Es braucht einen verbindlichen Rahmen, damit Unternehmen die Menschenrechte in ihren Lieferketten wirklich beachten. Und damit Unternehmen, die dies bereits tun, keinen Wettbewerbsnachteil dadurch erleiden. Außerdem müssen Betroffene endlich die Möglichkeit erhalten, ein Unternehmen bei Verstößen zur Rechenschaft zu ziehen.
... die Initiative Lieferkettengesetz
Bei ihrem Start im Jahr 2019 hatte die Initiative Lieferkettengesetz zum Ziel, eine verbindliche nationale Regelung zu einer menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflicht von Unternehmen entlang ihrer Lieferketten anzustoßen. Die Forderung erhielt eine breite Unterstützung in der Gesellschaft und führte 2021 zur Verabschiedung des "Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes" durch den Deutschen Bundestag (hier zu dem (inter)nationalen Kontext des Gesetzes, zu den betroffenen Unternehmen und zu den im Gesetz enthaltenen Pflichten). Bei allen Lücken und Schwächen des Gesetzes wurde damit ein Paradigmenwechsel eingeläutet: weg von dem Ansatz einer freiwilligen Unternehmensverantwortung hin zu Verbindlichkeit!
Nun gilt es, die unternehmerische Sorgfaltspflicht für den Schutz von Mensch und Umwelt in den Liefer- und Wertschöpfungsketten auch auf EU-Ebene zu verankern ... und dabei aus den Schwächen des deutschen Lieferkettengesetzes zu lernen.
In diesem Sinne startete die Initiative Lieferkettengesetz - zum neunten Jahrestag des Einsturzes einer Textilfabrik am Rana Plaza in Dacca, Bangladesch, bei dem mehr als tausend Menschen starben - im April 2022 nun eine neue Kampagne unter dem Motto „Yes EU Can".
Im Februar 2022 hatte die EU-Kommission einen Entwurf für ein EU-Lieferkettengesetz vorgelegt, der über das deutsche Gesetz hinausgeht, aber deutlich hinter dem im März 2021 durch das Europaparlament mit großer Mehrheit beschlossenen Legislativbericht zurückbleibt und viele Schlupflöcher enthält, wie zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen aus Deutschland und Europa kritisieren (siehe Stellungnahme der Initiative Lieferkettengesetz). Wir finden, die EU kann es besser:
Die zentralen Forderungen der Initiative Lieferkettengesetz:
Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz muss Unternehmen dazu verpflichten, Menschen und Umwelt entlang ihrer gesamten Liefer- und Wertschöpfungskette zu schützen. Ohne Abstufungen und Schlupflöcher. Liebes Europa, yes EU can!
Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz muss Unternehmen, die gegen Menschenrechte verstoßen, in die Haftung nehmen und Betroffenen endlich die Möglichkeit geben, erfolgreich auf Entschädigung zu klagen. Liebes Europa, yes EU can!
Ein wirksames EU-Lieferkettengesetz muss Unternehmen dazu bringen, ihre Verantwortung für Umwelt- und Klimaschutz weltweit wahrzunehmen. Liebes Europa, yes EU can!
In der Veröffentlichung der Initiative Lieferkettengesetz Haltung zeigen für Menschenrechte,
Umwelt und Klima: Anforderungen an ein wirksames EU-Lieferkettengesetz können diese und noch weitere Forderungen im Detail nachgelesen werden.
Initiiert durch die Initiative Lieferkettengesetz, haben seit April 2023 viele Bürger*innen #WiesoWeshalbDarum-Postkarten an ihre EU-Abgeordneten verschickt, um sie - mit individuellen Kommentaren - zu bestärken, sich für eine wirklich wirksame EU-Direktive einzusetzen.
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Was ist bislang passiert?
März 2023 Veröffentlichung der Initiative Lieferkettengesetz: Haltung zeigen für Menschenrechte, Umwelt und Klima: Anforderungen an ein wirksames EU-Lieferkettengesetz
06.12.2022 Petitionsübergabe an Bundeskanzler Olaf Scholz: 90.000 Menschen fordern starkes EU-Lieferkettengesetz – NGO-Bündnis kritisiert Position der Bundesregierung
01.12.2022 Statement der Initiative Lieferkettengesetz zum Beschluss des EU-Ministerrats zum geplanten Lieferkettengesetz: „Kurskorrekturen dringend nötig“
15.09.2022 Gemeinsame Pressemitteilung Romero Initiative und Initiative Lieferkettengesetz: Die blutige Spur von brasilianischem Soja führt in die deutsche Fleischtheke
Pressemitteilung der Initiative Lieferkettengesetz zum Kampagnenstart am 20.04.2022
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Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Deutschland
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ARCHIV
Kampagne der Initiative Lieferkettengesetz 2019-2021 für ein Lieferkettengesetz in Deutschland
... auch bei unseren europäischen Nachbarn und im EU-Parlament
In anderen europäischen Ländern gibt es bereits Gesetze gegen Kinderarbeit, moderne Sklaverei und für die Achtung der Menschenrechte im Auslandsgeschäft. Und auf EU-Ebene hat das Europaparlament im März 2021 mit großer Mehrheit einen Legislativbericht beschlossen und der EU-Kommission empfohlen, eine Art EU-weites Lieferkettengesetz einzuführen. Inhaltlich geht das Europaparlament dabei deutlich über den deutschen Gesetzesentwurf hinaus, auf den sich die Bundesregierung am März geeinigt hat. Innerhalb der UN wird ebenfalls um ein internationales Abkommen "Wirtschaft und Menschenrechte" gerungen. Die Gelegenheit, dem Prinzip „Gewinne ohne Gewissen“ ein Ende zu setzen, ist jetzt.
... 10 Fragen und Antworten zum Lieferkettengesetz von Oxfam.
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11. Juni2021: Bundestag beschließt Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz
Analyse der Initiative Lieferkettengesetz, was das Gesetz liefert ... und was nicht
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3. März 2021: Verabschiedung des Gesetzentwurfs für ein Lieferkettengesetz
Die Bundesregierung hat am 3. März 2021 den Gesetzentwurf für ein Lieferkettengesetz verabschiedet. In einer aktuellen Stellungnahme begrüßt die „Initiative Lieferkettengesetz“ zwar grundsätzlich das Vorhaben, menschenrechtliche und umweltbezogene Vorgaben für Unternehmen verbindlich zu regeln. Gleichzeitig kritisiert das Bündnis, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung geltende internationale Menschenrechtsstandards der Vereinten Nationen und der OECD unterlaufe.
Weitere Reaktionen aus der Initiative Lieferkettengesetz:
Pressemitteilung der Initiative Lieferkettengesetz vom 03.03.2021
Gespräch von Maren Leifker (Brot für die Welt) mit dem DLF-Podcast "Der Tag" vom 12.02.2021
Aufforderung der Initiative Lieferkettengesetz an alle Bundestagsabgeordneten
Die Initiative Lieferkettengesetz fordert alle Abgeordneten des Bundestages dazu auf, sich für folgende Nachbesserungen einzusetzen:
- Vollumfängliche Sorgfaltspflichten nicht nur für den eigenen Geschäftsbereich und unmittelbare, sondern auch für mittelbare Zulieferer!
- Explizite zivilrechtliche Haftungsregel, wonach Unternehmen vor deutschen Zivilgerichten für Schäden haften, die sie durch Missachtung ihrer Sorgfaltspflichten verursacht haben!
- Einführung eigenständiger umweltbezogener Sorgfaltspflichten!
- Ausweitung des Geltungsbereichs auf alle Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden sowie auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Sektoren mit besonderen menschenrechtlichen Risiken!
Webseminare zu Lieferketten und Lieferkettengesetz